Die Transformation im digitalen Zeitalter
Turbulente Reise
Unternehmen sind bei der Digitalen Transformation mit verschiedenen Herausforderungen und Chancen konfrontiert. Der FHNW-Ansatz unterstützt sie bei diesem notwendigen aber anspruchsvollen Unterfangen.
Von Stella Gatziu Grivas, Kathrin Hubli und Manuela Graf
Mittlerweile ist es allen klar: Eine Transformation des Unternehmens im digitalen Zeitalter ist unausweichlich, um langfristig erfolgreich zu bleiben. Verschiedene externe und interne Faktoren motivieren oder zwingen Unternehmen gar, die Transformation anzugehen. Als interne Faktoren gelten eine verbesserte Effizienz hinsichtlich der Geschäftsprozesse und die Erreichung einer höheren Qualität sowie Konsistenz bei den operativen Tätigkeiten. Diese Bereiche waren schon immer Veränderungen unterworfen, mussten sich also kontinuierlich transformieren. Was ist heute anders? Es sind die digitalen Technologien, die beispielsweise ein besseres Verständnis und eine optimierte Nutzung und einen besseren Austausch von Daten ermöglichen. Neue Geschäftsmodelle, Partnerschaften und Ökosysteme entstehen. Zudem führt die Beschäftigung von Digital Natives zu neuen Ideen. Diese Faktoren leiten oft den Wandel von veralteten Systemen sowie ineffizienten Prozessen ein. Dadurch kommen neue Organisations- und Kollaborationsmodelle vermehrt zum Einsatz. Zu den externen Faktoren gehört etwa die steigende Konkurrenz. Diese kann ebenfalls dazu verleiten, neue Wege zu finden, um die Bedürfnisse der Kunden besser zu erfüllen und so eine nachhaltige Wertschöpfung zu garantieren. Denn durch die zunehmende Digitalisierung entstehen neue Kundenbedürfnisse und neue Konkurrenten tauchen auf. Grosse Unternehmen mit digitaler Expertise (wie Amazon oder Google) wagen sich in neue Märkte. Startups entstehen, die perfekt auf neue (digitale) Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind.
Unternehmen müssen ihre aktuellen und potentiellen Kunden und Kundinnen identifizieren und verstehen. Um diesen auf eine neue Art zu begegnen, platzieren sie sich in Kundennetzwerken, hören zu, beobachten die Interaktionen, Wahrnehmungen und Reaktionen der Kunden und Kundinnen untereinander und lernen deren unerfüllte Bedürfnisse verstehen. Daraus entsteht nicht nur eine wechselseitige Kommunikation, sondern es entwickeln sich auch beiderseits Wertströme. Einerseits werden Kunden und Kundinnen auf die Produkte des Unternehmens aufmerksam, andererseits empfehlen diese als Influencer die Produkte weiter. Dadurch werden weitere Kundennetzwerke eröffnet, die dann zu Business-Ökosystemen mutieren, in denen mehrere Unternehmen auf eine gemeinsame Wertschöpfung ausgerichtet sind.
Silos und die damit verbundenen Herausforderungen
Diese unterschiedlichen Faktoren als Treiber für die Transformation und die daraus entstehenden Veränderungen verdeutlichen die Reichweite und die verschiedenen Formen der Transformation. Es wird klar, warum heute in den Unternehmen an verschiedenen Ecken Digitalisierungsprojekte lanciert werden. Warum scheitern diese aber immer wieder? Oft wird der Fokus fälschlicherweise auf einzelne Transformationsprojekte gelegt, ohne dabei das Gesamtunternehmen im Blick zu haben. Eine weitere Schwierigkeit sind die personellen und finanziellen Ressourcen. Investitionen, die durch Restrukturierungen, neue Technologien oder Beratungsdienstleistungen anfallen, können sehr hoch sein, ganz zu schweigen von den Kosten für ein misslungenes Projekt. Um dem entgegenzuwirken, müssen Unternehmen bei der Transformation unbedingt Rücksicht auf ihre begrenzten Ressourcen nehmen. Das digitale Zeitalter beeinflusst die Arbeitsgewohnheiten massgeblich: Es entstehen neue Rollen und damit entsprechend neue Anforderungen an Mitarbeitende. Transformationsprojekte haben unter Umständen mit Widerstand aus der Organisation zu kämpfen aus Angst vor Veränderung, aufgrund einer nicht vorhandenen Fehlerkultur, einer mangelhaften Innovationskultur, ungenügender Kommunikation oder fehlenden Einbezugs von Mitarbeitenden. Mittels Offenheit und Transparenz gelingt eine Vernetzung innerhalb des Unternehmens, die den reibungslosen Ablauf der Transformation erlaubt.
Die Auswirkung der Transformation betreffen das gesamte Unternehmen
Eine Strategie im Rahmen der Digitalen Transformation zeigt auf, wie sich das Unternehmen verändern wird, um auch im digitalen Zeitalter erfolgreich zu bleiben und zu wachsen. Konkret geht es darum, welche digitalen Technologien warum und wie implementiert werden sollen und welche Wirkung dies auf das Gesamtunternehmen bezüglich seiner Anpassung an die veränderte Umgebung hat. Dies betrifft alle Bereiche eines Unternehmens. Es ist somit nicht ausschlaggebend, dass Unternehmen über digitale Initiativen verfügen, sondern dass diese in einer digitalen Strategie zusammengefasst sind. Die digitale Strategie bezieht sich nicht nur auf den Wechsel von analog zu digital. Transformiert werden nämlich Organisation und Prozesse, Businessmodelle und schliesslich auch Kultur und Verhalten der verschiedenen Akteure und Akteurinnen. Anders gesagt: Die Digitale Transformation ist eine Reise mit Blick auf Neues oder bisher nicht Bekanntes. Das Reiseziel und die verschiedenen Stationen der Reise werden im Rahmen der digitalen Strategie definiert.
Der FHNW-Ansatz für die Reise ins digitale Zeitalter
Der FHNW-Ansatz für die digitale Strategieschlägt drei Phasen für die Definition des Reiseziels und der verschiedenen Reisestationen vor:
Entdeckung: Als Erstes gilt es, die Dynamik des digitalen Wandels zu verstehen und die Veränderungen und Einflüsse auf die eigene Industrie und das Unternehmen zu erkennen und zu analysieren. Mit dem Blick nach innen gerichtet, soll in einem nächsten Schritt aus der strategischen Ausrichtung des Unternehmens heraus die eigene digitale Maturität gemessen werden. Aus den Erkenntnissen der internen und der externen Sicht werden Transformationsmöglichkeiten, sogenannte Cases for Change, ermittelt. Ein Case for Change beschreibt die Notwendigkeit und den Grund dafür, eine bestimmte Situation auf eine andere oder neue Weise zu gestalten. Cases for Change sind für das Management einer Unternehmung eine grosse Unterstützung, um transparent die Notwendigkeit der Digitalen Transformation im eigenen Kontext aufzuzeigen und den Bereich zu definieren, in dem sich die Unternehmung transformieren könnte.
Orientierung: Die Definition der strategischen Ziele ist dann Bestandteil der Definition der digitalen Strategie: Ausgehend von möglichen Cases for Change werden die Lücken zwischen dem Ist- und dem Soll-Zustand ermittelt. Weiter werden die Veränderungen definiert, um die Lücken zu schliessen. Dabei werden nicht nur digitale Technologien implementiert, sondern das Unternehmen wird an die veränderte Umgebung angepasst, indem die Auswirkungen auf alle seine verschiedenen Bereiche in Betracht gezogen werden.
Navigierung: Wenn man sich auf eine Reise begibt und das Reiseziel entdeckt hat, benötigt man eine Karte oder ein Navigationsgerät, um die Reise zu starten. Bei der Digitalen Transformation ist es nicht anders: Eine umfassende und effektive Roadmap dient als Basis für die digitale Unternehmenstransformation und ist der Schlüssel zur Erreichung der Ziele eines Unternehmens. Ausgehend von den strategischen Zielen, werden die Initiativen und Projekte identifiziert, die dem Unternehmen helfen können, sich zu transformieren. Ein realistischer Aktionsplan handelt die Risiken aus und stellt sicher, dass die Initiativen und Projekte einen ROI liefern.
Die Autorinnen:
Prof. Dr. Stella Gatziu Grivas ist Leiterin des Kompetenzschwerpunktes Cloud Computing, Digitalisation & Transformation und Dozentin an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW.
Dr. Kathrin Hubli ist in den Bereichen Events, Kommunikation und Forschung imKompetenzschwerpunkt Cloud Computing, Digitalisation & Transformation der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW tätig.
Manuela Graf ist wissenschaftliche Assistentin im Kompetenzschwerpunkt Cloud Computing, Digitalisation & Transformation.