Vertrieb wird digitaler, vernetzter und mobiler – aktuelle Herausforderungen im Energievertrieb
Die heutigen Schlagworte in der Energiewirtschaft sind: Dezentralisierung, Dekarbonisierung und Digitalisierung. Auch unter der Abkürzung 3D’s bekannt. Hier spielt aktuell die Musik und hier entstehen spannende neue Geschäftsmodelle, die den Vertrieb zukünftig stark fordern und zu immer schnelleren Anpassungen zwingen.
Kundenbedürfnisse und Vernetzung
Der Slogan „der Kunde, die Kundin steht im Zentrum“ wird immer wichtiger und ist entscheidend für einen erfolgreichen Vertrieb. Die Bedürfnisse der Kunden müssen schnell erkannt und verstanden werden. Dies erfolgt im klassischen Sinn durch persönlichen Kontakt und Fragen stellen, Fragen stellen und nochmals Fragen stellen. Aber immer mehr auch durch Sammeln, Erheben und Auswerten von Kundendaten, die entlang des Verkaufsprozesses entstehen.
Die generierten Daten werden in Datenbanken oder CRM-Systemen gesammelt, mittels Analysetools ausgewertet und für die Kundensegmentierungen sowie abgeleitete Marktbearbeitungsstrategien eingesetzt. Moderne Messtechnik sowie die Vernetzung der Objekte (Internet of Things), ermöglichen einem Energieversorger zum Beispiel „realtime“-Daten von Stromverbräuchen oder Stromproduktionen (dezentrale Stromproduktion wie z.B. Fotovoltaik) zu erhalten. Diese Daten lassen sich auswerten und ermöglichen dem Energieversorger kundenspezifische Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Nicht persönliche Beobachtungen und Gefühle steuern zukünftig den Vertrieb, sondern immer mehr das Analysieren von Mustern (pattern recognition) aus den erhobenen Kundendaten.
Chancen und Gefahren
Die Energiewirtschaft in der Schweiz steckt in einer starken Transformationsphase. Der Druck des Wettbewerbs steigt seit 2012 stark an. Davor waren die Energiemärkte noch monopolistisch organisiert. Immer mehr Wettbewerber von ausserhalb der klassischen Versorgerindustrie steigen in den Markt ein (Swisscom, Google, Tesla, Shell). Aber auch ganz neue Unternehmen (Start-ups) mit dynamischen Strukturen, flexiblen Produktentwicklungsprozessen und schnellen Entscheidungswegen bieten Dienstleistungen an und konkurrieren die klassischen Versorger (Kantons-, Stadt- und Gemeindewerke).
Der Strom- und der Gasmarkt sollen laut Bundesamt für Energie (BFE) bis 2023 vollständig liberalisiert werden. In der Schweiz werden heute rund 5,1 Millionen Endverbraucher (Haushalte und Unternehmen) mit Strom beliefert. Seit 2009 ist der Markt teilliberalisiert und rund 32‘500 Grossverbraucher, d.h. Unternehmen können den Stromlieferanten frei wählen (vgl. Faktenblatt 2 – der Schweizerstrommarkt). Dies bedeutet, dass der Vertrieb sich nicht wie heute nur auf den B2B-Markt ausrichten muss, wo persönliche Kundenbetreuung im Zentrum steht. Sondern neue Instrumente (z.B. Kundenportale, Marketingkampagnen etc.) gefragt sind, mit denen ein Massenmarkt mit „low involvement“ Produkten (Strom- und Gaslieferung) effizient und effektiv bearbeitet werden kann.
Grosses Potential, um im Wettbewerb bestehen zu können besteht für Energieversorger in der Abwicklung, das heisst den internen Prozessen wie z.B.: Angebotserstellung, Vertragserstellung, Abrechnungs- und Verrechnungsprozesse etc. Hier ist viel Zeit, Ressourcen und Geld versteckt. Mit der Digitalisierung oder Automatisierung muss, um den Kunden bedürfnisgerecht das heisst schnell, einfach und günstig bedienen zu können, Vieles aufgebaut oder angepasst werden. „Go digital“ bedeutet immer auch „be digital“. Nur dann lassen sich erfolgsversprechende Geschäftsmodelle entwickeln.
Ein weiteres Potential besteht im schnellen Entwickeln von neuen Produkten (time to market). Kundenkenntnisse dank erhobenen Daten sind dafür sehr hilfreich. Daten zu besitzen bedeutet auch Dienstleistungen anbieten zu können. Dies schneller und besser als die Wettbewerber.
Was entscheidet über Erfolg oder Misserfolg
Entscheidend für den Erfolg der Unternehmen ist der richtige Einsatz von Instrumenten in der Produktentwicklung, in der Marktbearbeitung aber auch in der effizienten internen Abwicklung. Je nach Produkt oder Dienstleistung sind die richtigen Kombinationen auszuwählen.
Abschliessend kann man sagen, die Digitalisierung in der Energiewirtschaft befindet sich erst am Anfang ihrer Möglichkeiten. Viele Unternehmen bedienen sich noch der historisch gewachsenen Strukturen. Die Kultur ist geprägt von Tradition und Beständigkeit. Die Transformation eines Energieversorgungsunternehmens in ein digitales, kundennahes und damit erfolgreiches Unternehmen wird viele Ressourcen binden und Investitionen im ganzen Unternehmen auslösen. Folgende Themen müssen angepackt werden: Strategieprojekte, Auf- bzw. Ausbau von Fähigkeiten der Mitarbeitenden, Prozessautomatisierungen, Erneuerung der IT-Landschaften, Aufbau von digitalen Kanäle und Ausbau der Analysefähigkeit.
Gewinnen werden Unternehmen, die bereits heute in Transformationsprojekte investieren, neues ausprobieren sowie Partnerschaften suchen und eingehen.
#digitalervertrieb #energieversorgung
Links:
Strommarktöffnung
Digitalisierung in der Energiewirtschaft
Digitalisierung im Vertrieb
Autor: Patrick Leuenberger
Blogpost wurde erstellt
im Rahmen vom CAS Digitales Vertriebsmanagement an der FHNW
Dozenten in diesem sehr praxisorientierten Lehrgang sind:
Martina Dalla Vecchia, FHNW, Programmleitung
Stephan Heinrich, Content Marketing Star GmbH
Christian Huldi, DataCrea AG
Guglielmo Imbimbo, memoris consulting GmbH
Erica Kessler, Kessler Social Media
Frederik Thomas, Interdiscount
Holger von Ellerts, COOP
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FAQ zum CAS Digitales Vertriebsmanagement:
- Starttermin: Jeweils im Frühjahr.
- Location: 7 Minuten zu Fuss vom Bahnhof SBB, Basel.
- Intensität: 100% berufsbegleitend.
- Dozierende: Experten aus der Praxis.
- Didaktik: Masterplan, Vorlagen, Checklisten, Show Cases, Networking.
- Fokus: Digitale Strategien und Konzepte (nicht die Technik).
- Leistungsnachweis 1: Erarbeitung eines digitalen Vertriebskonzeptes.
- Leistungsnachweis 2: Pitch vor der Geschäftsleitung.
- Support: Persönliche Begleitung durch Martina Dalla Vecchia.