Digitaler Vertrieb in der Kosmetikbranche
„Kosmetikunternehmen sind Vorreiter bei der Nutzung digitaler Technologien“ – so titelt McKinsey[1] in seiner Studie „What beauty players can teach the consumer sector about digital disruption“. Die einbrechenden Umsätze haben die Kosmetikbranche dazu veranlasst, sich neu zu erfinden sowie ihre Vertriebs- und Marketingkanäle den Konsumierenden anzupassen. Die Internetaffinität der Zielgruppe steigt stetig. Die potentiellen Kunden und Kundinnen informieren sich online stärker über Produktneuheiten, lassen sich auf den verschiedenen Social-Media -Plattformen inspirieren und kaufen gerne über verschiedenste – mittlerweile findet man eine Vielzahl von spezialisierten Beauty-Shops im Internet – Onlineshops ein, die Produkte bequem direkt nach Hause liefern.
Zusätzlich zu dieser Entwicklung stiegen grosse Anbieter wie Otto oder Zalando in den Online-Beauty-Handel ein, um die bisherigen Fashion-Shopper zusätzlich mit Cremes und Shampoos zu beliefern.
Gleichzeitig bedeuteten die vielfältigen Facetten der Onlinekommunikation und Onlineverkaufsmöglichkeiten, dass eine Vielzahl von neuen Online-Beauty-Brands in den Markt einstiegen, den Zeitgeist der Konsumenten ansprachen und den grossen Traditionsunternehmen Marktanteile streitig machten. Die digitale Expertise dieser neuen Beauty-Brands und deren grosser Erfolg bei der relevanten Zielgruppe lässt bei den grossen Beauty-Brands die Alarmglocken läuten. McKinsey betitelt, dass reine Online-Beauty-Unternehmen der neuen Generation viermal so schnell wachsen wie etablierte Traditionsunternehmen, die laut Studie immer noch 90% des Marktes für sich einnehmen. Um dieses rasante Wachstum zu bremsen und keine Marktanteile zu verlieren, müssen sich die etablierten Beauty-Player der digitalen Transformation stellen und ihre Strategie sowie ihre Organisation anpassen.
Dass im Bereich der Kosmetik- und Körperpflege ein grosser Onlineshoppingbedarf der Kundschaft besteht, zeigt die Studie von Nielsen[1]. Im Jahr 2017 war in Westeuropa der prozentuale Anteil der globalen Verbraucher und Verbraucherinnen, die Körperpflege online gekauft haben, bei 34% und nochmals 2% höher im Jahr 2018. Die etablierten Kosmetikunternehmen können demnach die digitalen Kanäle nicht mehr aussen vorlassen und müssen diese in ihr Business Model integrieren, wenn sie weiterhin den Löwenanteil der Branche unter sich ausmachen wollen. L’Oréal geht dabei soweit, dass sie sich öffentlich[2] im Umbruch zum Beauty-Tech-Unternehmen bezeichnen. Alleine die Terminologie kommuniziert bei diesem Beispiel, dass der Konzern die Digitalisierung und deren Bedeutung für sein Business ziemlich ernst nimmt.
Die Wichtigkeit der digitalen Markenpräsenz beschränkt sich nicht nur auf den Absatz, sondern ebenfalls auf die Erlebbarkeit der Beauty-Produkte, die nebst den Produktinformationen und Inhaltsstoffen, über Content kommuniziert werden muss.
„Denn Konsumenten wollen Produkte heute erleben dürfen und der Marke nah sein. Dabei hilft innovativer Content, denn dieser macht neugierig, wenn er mehr transportiert als reine Produktinformationen und Inhalts- und Wirkstoffe. Faktoren wie Authentizität, Sympathie und Unterhaltung werden stetig wichtiger. Die Marke und das Markengefühl müssen erlebbar gemacht werden.“[3]
Aus der anfangs zitieren McKinsey Studie geht ebenfalls hervor, dass etablierte Player vor allem durch Zukäufe von Kosmetik-Start-Ups ihre Vertriebs- und Kommunikationsstrategien transformieren und sich somit den modernen Unternehmen anpassen. Durch diese Zukäufe akquirieren die grossen Brands Know-how im Bereich digitale Vertriebswege, Social Media als emotionales Kommunikationselement für End-Consumer sowie moderne Kommunikationsstrategien (beispielsweise im Bereich Influencer-Marketing). Know-how zu spezifischen Software- und/oder IT-Bereichen, wie AR und VR, ist ebenfalls ein typisches Beispiel, das durch Zukäufe auf schnelle Weise in die Top-Brands integriert und nicht mühselig selbst aufgebaut werden muss. Mit der Integration von neuen Firmen machen sich grosse traditionelle Kosmetikplayer ihre langjährige Marktmacht und die damit verbundenen Erträge zunutze und bringen ihre Konzerne im Bereich Software auf ein hohes Level.
So zeigt beispielsweise L’Oreal mit der Übernahme des Start-Up Modiface, was den Startschuss einer Schmink-App für Lancome-Kunden bedeutet hat, dass die Kosmetikanbieter den Mehrwert für ihre Kundschaft und ein damit verbundenes Kundenbindungstool ausserhalb ihrer traditionellen Produkte mit Hilfe von Software suchen. Der Einsatz von Augmented Reality bei der selbstständigen Produktberatung ist bei der jungen, bezüglich der Digitalisierung anspruchsvollen, Zielgruppe eine interessante Möglichkeit. Der zusätzliche Spass durch ein spielerisches Element bietet ein emotionales Engagement mit der Marke. Der L’Oréal-Konzern setzt seit längerer Zeit bei seinen Brands auf Digitalisierung in der Diagnostik mit Apps zur Untersuchung von beispielsweise Akne oder Sonnenflecken. Beim Öffnen der App und beim Fotografieren des Gesichts mit dem Smartphone werden Pickel und Mittesser gescannt und identifiziert. So werden Diagnose und Produktvorschläge direkt mit einer spielerischen Selbstdiagnose verknüpft.
Die Marktlage und der Ausblick in dieser Branche sind sehr spannend: Neue dynamische Start-Ups, die den Beauty-Bereich rasant digitalisieren, grosse Konzerne, die Millionen investieren, um dies ebenfalls zu tun und ihre Marktmacht zu betonieren sowie eine Zielgruppe, deren Bedürfnisse sich schier unberechenbar und sehr schnelllebig verändern. Der grosse Anspruch dieser Zielgruppe muss erfüllt werden, um sie nicht an die Konkurrenz zu verlieren. Denn in einer Branche, die im Wandel ist, ist eines ist klar: Kosmetik ist weltweit ein Milliardenbusiness und jeder Anbieter, jede Anbieterin möchte sich zukünftig und nachhaltig einen Teil des Kuchens sichern.
Quellenverzeichnis
Handelsblatt (06.03.2019): L’Oréal entdeckt die Schönheit der Digitalisierung, URL: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/kosmetikmarkt-loreal-entdeckt-die-schoenheit-der-digitalisierung/24071798.html?ticket=ST-5354938-uXKdQl5tTW9ur3pb2wgC-ap5
nielsen.com (04.01.2019): Digitale vernetzung verbessert benutzerakzeptanz im e-commerce-bereich für produktkategorien wie FMCG, URL: https://www.nielsen.com/ch/de/insights/news/2018/connectivity-improves-user-adoption-of-e-commerce-for-evolving-product-categories.html
McKinsey (19. April 2018): Beauty boomt:
Kosmetikbranche setzt erfolgreich auf Digitalisierung, URL: https://www.mckinsey.de/news/presse/beauty-boomt-kosmetikbranche-setzt-erfolgreich-auf-digitalisierungkonsum-marketing.de
(27.02.2018): Digitale Vermarktung von Naturkosmetik: Der Status Quo, URL: https://www.konsum-marketing.de/konsumtrends/digitale-vermarktung-von-naturkosmetik-der-status-quo/
[1] Nielsen, 04.01.2019
[2] Handelsblatt, 06.03.2019
[3] konsum-marketing.de, 27.02.2018
Autor: Fabian Büchler
Blogpost wurde erstellt
im Rahmen vom CAS Digitales Vertriebsmanagement an der FHNW
Dozenten in diesem sehr praxisorientierten Lehrgang sind:
Martina Dalla Vecchia, FHNW, Programmleitung
Stephan Heinrich, Content Marketing Star GmbH
Christian Huldi, DataCrea AG
Guglielmo Imbimbo, memoris consulting GmbH
Erica Kessler, Kessler Social Media
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Holger von Ellerts, COOP
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FAQ zum CAS Digitales Vertriebsmanagement:
- Starttermin: Jeweils im Frühjahr.
- Location: 7 Minuten zu Fuss vom Bahnhof SBB, Basel.
- Intensität: 100% berufsbegleitend.
- Dozierende: Experten aus der Praxis.
- Didaktik: Masterplan, Vorlagen, Checklisten, Show Cases, Networking.
- Fokus: Digitale Strategien und Konzepte (nicht die Technik).
- Leistungsnachweis 1: Erarbeitung eines digitalen Vertriebskonzeptes.
- Leistungsnachweis 2: Pitch vor der Geschäftsleitung.
- Support: Persönliche Begleitung durch Martina Dalla Vecchia.